Um den Zusammenhang zwischen den Nahrungsbestandteilen zu verstehen, auf welche ich noch später eingehen werde, ist es zuerst wichtig zu wissen, wie hoch der individuelle Energieverbrauch des Körpers ist. Denn nur so kann man gezielt in den Ernährungshaushalt eingreifen, um bestimmte Ziele erreichen zu können.
Der gesamte Energiebedarf des Menschen setzt sich aus den nachfolgenden Faktoren zusammen:
1. Grundumsatz
2. Leistungsumsatz
3. Verdauungsverlust |
Als Grundumsatz bezeichnet man den Energieverbrauch des Körpers bei völliger Ruhe und gleich bleibender Umgebungstemperatur, um lebensnotwendige Funktionen wie Atmung, Stoffwechsel, Kreislauf und die Körpertemperatur 24 Stunden lang aufrecht zu halten. Er entspricht dem Energieverbrauch pro Tag bei einem 24-stündigen Schlaf. Körperbau, Gewicht, Größe, Alter und Geschlecht beeinflussen den individuellen Grundumsatz; er hängt ebenso ab vom prozentualen Verhältnis zwischen Muskelmasse und Körperfettanteil, d.h. Sportler mit einer erhöhten Muskelmasse verbrauchen in Ruhe durchschnittlich wesentlich mehr Energie als Nichtsportler. Dies ist auch der Grund dafür, daß Sportler mit einer erhöhten Muskulatur wesentlich besser und schneller auf eine Diät ansprechen und so schneller Erfolge verzeichnen als Nichtsportler.
Weil Männer mehr fettfreie Körpermasse besitzen als Frauen, liegt ihr Grundumsatz durchschnittlich etwa 10% höher. Vereinfacht kann man den Grundumsatz berechnen, indem man das Körpergewicht in kg mit 24 Stunden, also der Dauer eines Tages, multipliziert.
Grundumsatz = Körpergewicht (kg) x 24 (Stunden) |
Der Leistungsumsatz beinhaltet die Energie, die der Körper innerhalb von 24 Stunden über den Grundumsatz hinaus verbraucht, bei körperlicher und geistiger Aktivität, zur Wärmeregulation bei unterschiedlichen Umgebungstemperaturen, bei Wachstum oder bei der Regeneration nach Krankheiten etc. Mit zusätzlicher körperlicher Aktivität, wie z.B. sportlicher Unternehmungen, lässt sich der Leistungsumsatz erheblich steigern und den jeweiligen Bedürfnissen sowie Zielen genau anpassen. Voraussetzung ist jedoch das Wissen über den Zusammenhang der Energiebilanz des eigenen Körpers. Für die Berechnung des Leistungsumsatzes dient der PAL (Physical Activity Level) als Maß für die körperliche Aktivität. Wer tagsüber im Büro sitzt und sich nicht viel bewegt, hat einen PAL bei normalen hormonellen Verhältnissen von etwa 1,3. Menschen, die körperlich sehr anstrengende Arbeit verrichten, wie z.B. Bauarbeiter, haben einen höheren Wert (1,6-2,0). Doch auch sportliche Aktivitäten gehören zum Leistungsumsatz. Wer täglich 60 Minuten intensiv Sport treibt, erhöht damit seinen PAL um weitere 0,1 Punkte. Zur Berechnung des Leistungsumsatzes (PAL Gesamt) addiert man den PAL der individuellen körperlichen Belastung mit dem PAL für sportliche Unternehmungen.
Leistungsumsatz = PAL Arbeit + PAL Sport |
Unter Verdauungsverlust versteht man die Nahrungsenergie, die durch die Verdauungsarbeit verbraucht wird. Er beträgt bei normaler Ernährung etwa 10% pro Tag. Größer wird dieser Betrag allerdings, wenn die Nahrung überwiegend oder fast ausschließlich aus Eiweiß besteht, wie es in manchen Diäten propagiert wird. Dann tritt eine Stoffwechselsteigerung bzw. ein Energieverlust ein, der bis zu 30% des Brennwertes entspricht. Daher stammt auch die Empfehlung während Diäten die Eiweißzufuhr zu erhöhen, um eine 24-stündige gleichmäßige Steigerung des Stoffwechsels zu gewährleisten.
Verdauungsverlust = 10% (bis 20%) |
Der Gesamtumsatz setzt sich aus Grundumsatz multipliziert mit dem Leistungsumsatz (mit individuellem PAL) sowie dem Verdauungsverlust pro Tag zusammen. Bei normaler körperlicher Belastung stellt dabei der Grundumsatz den größten Teil des Energieverbrauchs dar.
Gesamtumsatz = Grundumsatz x (PAL Gesamt + Verdauungsverlust) |
Beispiel: Ein 30-jähriger Büroangestellter wiegt 80kg (Grundumsatz: 80 (kg) x 24 (Stunden) = 1920 kcal). Er arbeitet ausschließlich am Schreibtisch (PAL Arbeit = 1,3). Abends geht er regelmäßig einer sportlichen Aktivität mit einer Dauer von 60 Minuten nach (PAL Sport = 0,1).
Daraus ergibt sich der PAL Gesamt (1,3 + 0,1 = 1,4). Ein Verdauungsverlust bei
normaler Mischkost wird mit 10%, also mit 0,1 veranschlagt. Nun multipliziert
man den errechneten PAL + Verdauungsverlust (1,4 + 0,1) mit dem bereits
errechneten Grundumsatz. Daraus ergibt sich für den 30-jährigen Büroangestellten
ein täglicher Gesamtumsatz von 2880 kcal (1920 kcal x 1,5).
Jugendliche benötigen durchschnittlich mehr Energie als Erwachsene, wobei die höchsten Werte zwischen dem 12. und 18. Lebensjahr erreicht werden, da in dieser Zeit der Organismus durch Wachstumsprozesse und vermehrte körperliche Aktivitäten mehr Kalorien benötigt. Mit zunehmendem Lebensalter nehmen sowohl Grund- wie auch Leistungsumsatz deutlich ab. Bereits ab dem 30. Lebensjahr beginnt diese rückläufige Bewegung des kalorischen Verbrauchs. Da die wenigsten dies berücksichtigen, ist es nicht verwunderlich, daß fast jeder zweite übergewichtig ist.
Will man nun Gewicht zu- oder abnehmen ist das Wissen über die individuelle Energiebilanz entscheidend, denn nur durch eine gezielte Manipulation der Nahrungszufuhr kann man Veränderungen in die jeweils angestrebte Richtung bewirken. Ist die Energiebilanz ausgeglichen, d.h. man nimmt genau so viele Kalorien zu sich, wie man verbraucht (damit entspricht die tägliche Kalorienaufnahme dem des Gesamtumsatzes), bleibt das Körpergewicht unverändert. Möchte man Gewicht, sprich Muskulatur zunehmen, muss eine positive Energiebilanz geschaffen werden, die vornehmlich durch eine zusätzliche Zufuhr von Kohlenhydraten und besonders Eiweiß gewährleistet werden sollte. Möchte man abnehmen, ist das Ziel eine negative Energiebilanz und somit primär eine Fett- bzw. Kohlenhydratreduktion der zugeführten Nahrung. Eine Erhöhung bzw. Reduzierung der täglichen Kalorienzufuhr hinsichtlich des Gesamtumsatzes sollte ein Maximum von 500kcal pro Tag nicht überschreiten. Erst nach einer bestimmten Zeit ist es ratsam diese Menge zu erhöhen; somit kann zu großen Gewichtsschwankungen effektiv entgegengewirkt werden.
Aus dem bisher Beschriebenen ist es sehr wichtig die individuelle Kalorienaufnahme zu kennen, um die Ernährung den jeweiligen Zielen besser und sicherer anpassen zu können. Dabei sollten die Sprünge des Körpergewichtes in positiver bzw. negativer Richtung (d.h. Zu- oder Abnahme) pro Woche nicht zu hoch sein. Nimmt man zu schnell an Gewicht zu, mit dem Vorhaben neue Muskelmasse zu gewinnen, ist die Gefahr groß, daß die Gewichtszunahme zu einem beträchtlichen Teil aus Fett besteht. Nimmt man dagegen zu schnell ab, kann kostbare Muskulatur verloren gehen. Als Richtlinie sollte man sich bei Zu- sowie Abnahmen an 300-700g wöchentlich halten. Somit entgeht man auch ungewollten gesundheitlichen Risiken, die bei einer zu schnellen Veränderung der Körperzusammensetzung entstehen. Die Gefahr eines Rückfalls in die Ausgangslage nach einer Diät ist somit wesentlich geringer als bei einer Radikaldiät (das Wort Diät steht im Allgemeinen für eine bestimmte Ernährung und nicht ausschließlich für die Reduktionsdiät).
Die Energiebedarfsrechnung |
Für eine genaue Berechnung des Gesamtumsatzes ohne viel Rechenarbeit leisten zu müssen, möchte ich auf die Universität Hohenheim hinweisen, die eine genau Energiebedarfsrechnung liefert.
Energiebedarfsrechnung
Diese sollte jedoch nicht zu hoch bewertet bzw. nicht ohne Einschränkungen auf den eigenen Körper übertragen werden, da sie wie alle anderen Berechnungsarten nur eine Empfehlung ist; jedoch liefert diese Energieberechung bei normalen Stoffwechselprozessen den mitunter genauesten Wert für den täglichen Energieumsatz im Vergleich zu allen anderen vorhandenen Berechnungsmethoden.
Die Gewichtsanalyse hierbei sollte auf keinen Fall zu ernst genommen werden, da sie primär für Nichtsportler entwickelt wurde und zusätzliche Muskelmasse als Fett deklariert und somit, besonders bei schweren Athleten, ein massives Übergewicht ausweist. Trotz allem liefert diese Methode der Energiebedarfsrechnung zuverlässige Werte, die unter Anpassung individueller Stoffwechselprozesse und bei normalen hormonellen Bedingungen auf reale Zielvorstellungen übertragen werden können.
Kalorienzählen ist die Grundlage für das Erreichen der jeweiligen Ziele. Das Wissen über den Energiegehalt der Nahrungsmittel, die man zu sich nimmt, ist wichtig für die Berechnung der täglichen Kalorienaufnahme und diese sollte zu Beginn einer nahrungsbedingten Veränderung gewährleistet werden; denn nur so kann man Veränderungen in die gewünschte Richtung vollziehen. Nachfolgend möchte ich erneut auf die Homepage der Universität Hohenheim verweisen, die die umfangreichste Ernährungstabelle Deutschlands, aufgeteilt in verschiedene Lebensmittelgruppen mit Angaben zu den Nahrungsbestandteilen, Mineralstoffen, Vitaminen und Spurenelementen, bereitstellt.
Lebensmitteldatenbank
Somit dürfte es kein Problem mehr darstellen, die individuelle Kalorienaufnahme pro Tag zu bestimmen. Ist diese berechnet, kann man sie mit dem täglichen Energieumsatz vergleichen und ggf. anpassen. Mit Kalorienzählen meine ich jedoch nicht stupides Zahlenberechnen zum Zweck des guten Gewissens, sondern das Bereitstellen einer Übersicht der täglichen Kalorienaufnahme, mit dem Ziel diese, bezogen auf die Ausgangslage, in die jeweils geplante Richtung zu verändern. Zu diesem Zweck ist es ratsam, 10 Tage lang, die täglich zugeführten Kalorien zu zählen; somit erreicht man eine Übersicht über das Essverhalten und kann dieses effektiv und zielgerecht anpassen. Denn ohne das Wissen über die tägliche Kalorienzufuhr, als Voraussetzung für das weitere Vorgehen, ist eine Veränderung der Kalorienaufnahme mit dem Ziel der Gewichtszunahme resp. Gewichtsabnahme unmöglich.